Re: romanhelden ff


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Abgeschickt von amicadd am 04 Mai, 2002 um 05:49:26

Antwort auf: Re: romanhelden ff von Martine am 02 Mai, 2002 um 19:20:37:

: Liebe(r) Amicadd,
: so, jetzt hab ich ein wenig Zeit:

: (...) danke für eure antworten, die ich sehr interessant finde. von dd habe ich alle bücher, die bisher in deutsch erhältlich sind gelesen,

: Also doch eine Fan, wie schön, dich hier zu sehen!

: (...) anfang der 90er jahre stieß ich dann auf das erste nico-buch. von da ab fand ich die lymond-figur nicht mehr
: so faszinierend.

: Warte mal ab, bis du dich durch die englischen Teile gewühlt hast, oder haben wir dich schon ganz fest in der Fraktion der Nicolettes einzuordnen?

: (...) was ich an der nico-figur so bewundere - jedenfalls so weit, wie ich sie bisher in ihrer entwicklung kennengelernt habe - ist ihre große duldsamkeit hinsichtlich der schwächen anderer.

: Das wird bei dieser Figur deutlicher, ist aber auch bei Lymond durchaus vorhanden. Es ist eigentlich ein Grundcharakterzug von Dunnetts Figuren, obwohl es auf den ersten Blick bei ihnen oft anders aussieht. Lymond sehen wir schon als Erwachsenen, während wir mit Nico noch wachsen, das ist richtig. Aber gerade diese mysteriöse Vorgeschichte Lymonds war es, die mich anregte aus Andeutungen und Hinweisen das Puzzle zusammenzusetzen.

: (...) vor einigen jahren, als ich durch die grachten groningens fuhr, dachte ich, dass es sehr schade ist, dass die person nicht existiert, man sich nicht mit ihr unterhalten kann, sie müsste doch da irgendwo in den gassen sein (einfach nur, weil es in den niederlanden war).

: Auch mich wundert immer wieder, wie sehr Dunnetts Figuren immer real für uns werden, wie sehr sie "da " sind. Auf der eine Seite rührt es mich dann, daß es ihr gelingt für uns Geschichte so persönlich zu machen, auf der anderen Seite ist es eben nicht nur Geschichte als Historie, sondern die Manifestation in einem Charakter, die mich fasziniert und es überhaupt erst interessant macht.

: (...) inzwischen habe ich "gefahr für die königin gelesen und mit pif angefangen. ich finde inzwischen, dass lymond und nico sich bisweilen ähnlich sind (vgl. auch äußerung von dd). zb. in ihrer grundeinstellung gegenüber mitmenschen. beide nehmen die anderen so an, wie sie sind. indoktrinieren liegt ihnen fern.

: S. o.
: Ja, Dorothy hat zwei sehr verschieden Charaktere mit den selben sympathischen Zügen ausgestattet. Sie sind sich nicht von ungefähr ähnlich, sie wollte durch die Verbindung der Serien auch eine Verbindung zwischen N und L und einen deutlichen Hinweis auf diese Ähnlichkeit der Charaktere schaffen

: (...) meine frage, die ich gestellt hatte, bezog sich aber nicht nur auf den persönlichen bereich. sie war auch gesellschaftspolitisch gemeint. so lese ich besonders gerne die ausführungen von lymond (bd1) zum patriotismus. wäre solch eine persönlichkeit - übertragen auf heute- im politischen bereich wünschenswert?

: Lymonds Ausführungen sind fraglos sehr modern, für die Renaissance fast zu modern. Wir müssen hier die spezielle Situation Schottlands berücksichtigen, das als erstes eine Art "Nationbegriff" eingeführt hat, um sich gegen die Engländer zu behaupten. Aber aus Lymond spricht hier auch die schottische Unabhängigkeitsbewegung des 20ten Jahrhunderts in ihrer gemäßigteren Form, die auf Koexistenz und Toleranz drängt.

: Wäre das heute wünschenswert? Mit Abstrichen ja. Wir sollten nicht vergessen daß Dunnetts Figuren immer Europäer sind, die zwischen den "Ländern" hin und her wechseln. Ihre Helden sind in Frankreich geboren, wachsen in unterschiedlichen Ländern auf, stehen im Dienste verschiedener Herren, und sind doch ihrer (Wahl-)Heimat Schottland tief verbunden, ohne in atavistischen Chauvinismus zu verfallen.

: Ja, eine Person mit einem gewissen Führungscharisma und einer politischen Weitsicht und Vision wäre durchaus wünschenswert, wäre da nicht meine deutsche Geschichte, die sofort die Alarmglocken schrillen läßt. Wer würde sagen können, ob das noch eine Vision oder schon eine Chimäre der finsteren Art ist, von der der Anführer da spricht?

: (...) und daran schließt sich für mich eine noch weitergehende frage an: angesichts der wohl unstrittigen tatsache, dass auch in einer demokratie führungspersönlichkeiten notwendig sind, wieviel handlungsspielraum können, dürfen, müssen wir/das volk/der souverän ihnen gewähren, damit sie zum wohlergehen aller agieren können?

: Dazu fällt mir der Satz ein, den Lymond in Queens' Play zu Douglas sagt. Douglas der ja auch den Anspruch auf Führungsrolle hat, und politische Ränke schmeidet, bekommt zu hören:

: "The country is stronger than the lord and equal to the power of her songs"

: Heißt das nicht, daß vor allem und in allem, nicht die die Pläne der "Führungspersönlickeit" zählen sollen, sondern das Volk, der eigentliche Souverän ist.

: Martine,
: mag diese Diskussion!


: p.s.: pc-technisch kenne ich mich nicht besonders aus: mit URL und link in verbindung mit titel kann kann ich nichts anfangen. vielleicht habe ich etwas falsch gemacht!

: Nein, hast du sicher nicht. Die Kästchen unten sind dafür da, einen Link zu setzen, falls man einen setzen will... Muß man aber nicht. Die URL ist die Adrese die oben im Browser Steht. Z.B: http://www.geomaler.de
: Link Titel bedeutet, damit diese Adresse später auch sichtbar ist, gibt man dort eine Titel ein. Z.B. die Dunnettseite. Später erscheint dann "die Dunnettseite" als anklickbarer Link.

: Wenn man bei "Link Titel" nix eingibt sieht man den Link nicht.

: Martine.

liebe martine,
danke für die langen ausführungen und die nette
überraschung. so was ähnliches habe ich schon
- bei euch?- zum thema della robbia - engel ge-
sehen.

ich habe folgende rückfragen:
1. du schreibst,dass dd`'s figuren immer europäer seien mit einer tiefen emotionalen bindung an ihr heimatland. in welcher beziehung
meinst du "europäer"? ... gemeinsamkeit des kulturellen erbes? wie ist dann die beziehung
zwischen nicolaas und umar zu deuten?

2.sicher, das volk ist der souverän (theorem).
aber mir ging es um die frage nach der organisationsstruktur innerhalb des demokratischen systems. so findet sich ja z.b. bei rousseau die feststellung:" es gibt überhaupt keine einfachen regierungssysteme." wenn es denn nur gemischte verfassungen gibt mit einer politisch herrschenden klasse (heute ohne feste sozial-ökonomische kontur mit der machtbasis der parteien), auch wenn die moderne Wählerschaft die sehr wichtige aufgabe hat,zu entscheiden, wer regieren soll,und wenn man sich einig ist, dass es um die maximierung des nutzens aller geht (tradierte staatsphilosophische Auffassung über die beiden entstehungsgründe einer organisierten gemeinschaft), so stellt sich für mich die frage, wie denn in der verfassungsrealität die gewichte am besten verteilt sein sollten, damit das verfassungsziel erreicht werden kann. Dass unter der wählerschaft häufig dilettantismus herrscht, muss man hinnehmen, dass aber in der führungsklasse mängel und unzulänglichkeiten verschiedenster art zu konstatieren sind, ist schmerzlich und unerträglich. ...und so kam mein
schwenk auf die ly-figur zustande.

das bringt mich zu der beziehung von führung und
gefolgschaft:
dd beschreibt eigentlich einen sehr gefährlichen
mann in lc. so pocht er immer wieder auf seine
unabhängigkeit (z.b. am ende von qp während der
unterredung mit der königin :"...ich werde nicht immer kommen."). zum großen glück aller erweist
er sich immer wieder als loyal. aber dennoch stellt sich für mich die frage: kann sie ihn am leben lassen? ich denke da an die szene in dk,
wo sie überlegt, ihn nicht mehr gewähren zu lassen, da er ihr seine truppe nicht direkt
überlassen will. nun gut, dann wäre der roman zu ende. aber das löst das grundsätzliche problem nicht. wie kann sie sich seiner loyalität sicher
sein? müsste sie ihn nicht aus sorge um ihr land vernichten? in qp siniert sie darüber,wie leicht er zu politischen höhenflügen starten könnte. oder bedient sie sich seiner "einzigartigen fähigkeiten" aus politischem opportunismus, weil sie sich sicher ist,dass sie schnell geeignete abwehrmaßnahmen ergreifen kann, sollte er nicht nach ihren vorgaben handeln ?
gibt es (oder müsste es sie geben) auch von ihrer seite aufrichtige treue ihm gegenüber?

andererseits versichert ly immer wieder in wort und tat, dass die triebfeder seines tuns nicht
sein EGO sei. Mir als politisch verantwortlicher
würde das nicht genügen angesichts des umstandes,dass ly zugibt, dass wir alle doch ein bisschen verrückt seien (qp).
wenn sie ihn nicht einbindet, könnte sich das doch verhängnisvoll für alls auswirken (vgl. gespräch phelim - ly, stichwort "meteor").

welche rolle hat also die gefolgschaft?
in welcher form findet eine rückkopplung in ly
statt? z.b. am ende von qp: stewart tot, gespräch zwischen phelim und ly ein kulminationspunkt: großartige leistung ,er ist
der "held des tages"; zugleich sein ihn erschütterndes versagen bei stewart, das obendrein in doppelter art und weise moralisch beurteilt wird: vom standpunkt des gemeinen mannes hat er - wie es heißt- "recht getan" (phelim). aber für ihn als führergestalt gilt eine abgehobene Norm moralischer ansprüche, denen
er genügen muss. hier -so empfinde ich es-
ist ly in der rolle eines lernenden, er ist nicht
der überragende führer - er hätte in der lage sein müssen, diesen knoten zu lösen - , dies
lehrt ihn ein geringerer,was den genius angeht,
aber entsprechend ly's eigener these, dass man
kein genie zu sein brauche, um anderen etwas
beizubringen (vgl. "sie benehmen sich wie ein kind" oder "ich lerne nicht").
was ist für mich die botschaft an den leser?
- auch eine überragende führergestalt ist nicht statisch, auf dem Höhepunkt ihrer geistigen
humanitären entwicklung angelangt, sondern sie
ist immer auf dem weg zur sapientia und bedarf
dabei der mentores, kann also nicht allein den weg der moralischen vervollkommnung voranschreiten??
- und der herausragende gubernator hat seine fähigkeiten in den dienst der gemeinschaft zu stellen??
- also eine aufforderung an alle, Verantwortung in der gemeinschaft zu übernehmen??

alles quatsch oder?

apropos: "blut fließen" - wieso? und warum sollte nicolaas ein langweiler sein? ich habe ihn bisher als weltoffenen, wissensbegierigen Menschen eingeschätzt.

übrigens "spaßverderber" lese ich besonders gerne. Also deswegen keine zurückhaltung!

viele grüße amicadd



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