Abgeschickt von Heike am 15 November, 2005 um 10:36:21:
Antwort auf: Wasser-Abwasser-System im MA von Claude am 11 November, 2005 um 01:38:04:
Hallo Claude,
wie es damals in Brügge war, kann ich nicht sagen. Hier in Nürnberg gab es allerdings bereits seit dem Spätmittelalter zugedeckte Abwasserkanäle, die sogenannten 'Dolen'. Der Anschluss an diese war gebührenpflichtig, so dass nicht jeder sich diese Art der Entsorgung leisten konnten. Ansonsten wurden Abfälle, etc., in den schmalen Zwischenräumen zwischen den Häusern entsorgt.
Es gab alllerdings sehr strikte Regelungen, wer welchen Abfall wie lange wohin werfen durfte. So wurden z.B. ab einem bestimmten Zeitpunkt alle Schweine aus der Stadt verbannt und die Viehhaltung generell eingeschränkt. Wer Mist länger als sieben Tage auf der Strasse liegen liess, wurde mit einer Geldstrafe belegt; der Mist wurde konfisziert und zur Düngung der Wiesen ausserhalb der Stadt verwendet, auf dem das Vieh des städtischen Waisenhauses weidete. Es gab auch öffentliche Latrinen (sinnigerweise am Flussufer) und auch für die Reinigung der Hausaborte gab es strenge Richtlinien: die durften wegen des Gestanks nur in den Wintermonaten und nur von Fachleuten ausgeräumt werden.
Eine sehr interessante Quelle zu diesem Thema ist Endres Tuchers 'Baumeisterbuch'. Endres Tucher war in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts hier Stadtbaumeister, wobei dieses Amt auch die Zuständigkeit für die Abfallentsorgung und Stadtentwässerung enthielt. Das Buch schrieb er zum einen als eine Art Tätigkeit- und Rechenschaftsbericht, zum anderen als Anleitung für seine Nachfolger im Amt. Er war sehr bestrebt, eine 'saubere Stadt' zu schaffen, was aber ein wenig einem Kampf gegen Windmühlenflügel glich. Vielleicht auch deshalb hat er sein Amt nach einigen Amtszeiten niedergelegt und wurde Kartäusermönch. Das hiesige Kartäuserkloster hatte kurz danach ein Top-Abwassersystem ... ;-)
Viele Grüsse
Heike