Re: Krankheiten von DD-Lesern, Malt, Jerott und ganz viel OT zu Ecos Pendulum


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Abgeschickt von Grisel am 15 Februar, 2002 um 16:15:20:

Antwort auf: Re: Krankheiten von DD-Lesern, Malt, Jerott und ganz viel OT zu Ecos Pendulum von Martine am 14 Februar, 2002 um 23:28:49:

Liebe Martine!

: endlich komm ich mal ein bißchen zum Schwafeln....
.. und tue das nun auch ausgiebig!

Ist ja kein Fehler!

: Pst, er mag nicht ,wenn man von ihm spricht wie von einer Krankheit...
Grinz.

Hat er Dir das gesagt, ja? Notieren: Halluzinationen als weitere Nebenwirkung.
Blinzel.

: Zweimal darfst du raten....

- Zunge zeig -

: Natürlich, für was sonst sollte ne Wohnung da sein, als darinnen gemütlich und vor den Unbillen der Witterung geschützt seinen illustren Hobbies nachzugehen...

Hm, irgendwie muß ich da an Tante Martha und Tante Abby aus "Arsen und Spitzenhäubchen" denken ...

: Ha! Nun schreib aber ich ...:
Ich finde, daß ihn gerade das fürchterlich mißlungen ist. Er kann sich nicht entscheiden ob er oder ober nicht die ganze Sache wirklich ernst nehmen sollte, oder doch nicht, oder vielleicht doch... letztendlich verirrt er sich selbst in dem Gewirr der Zeichen. Schließlich ist er ein Semiotiker und unterliegt der Versuchung zu interpretieren, auch wenn es nix zu interpretieren gibt.

Ich weiß nicht, ich kann mich leider nicht mehr an Details erinnern. Mir ist es so in Erinnerung geblieben, daß er sehr wohl dagegen geschrieben hat. Es ist wahrscheinlich so wie Du sagst, aber ich kann es, ohne das Buch noch mal gelesen zu haben, nicht verifizieren.

: Und später ist es doch wieder keine Wäscheliste, sondern doch eine Botschaft... und dann wieder nicht... usf...

Aber kommt es denn nicht gerade darauf an, daß man es immer in beide Richtungen deuten kann?
Es gibt gerade bei den Templern so viele verschiedene "Theorien", die sich aber alle mehr oder weniger widersprechen, aber jeder "Forscher" ist sich seiner Sache absolut sicher. Aber Gewißheit kann man nie haben. Also würde ich gerade das, wenn es mal so und mal so ist mit dieser Liste, nicht als Fehler ansehen.

: Ja, aber genau das meine ich: er fällt seiner eigen Versuchung anheim, die Zeichen doch für interpretierbar zu halten.

Nicht, wenn er es ins Lächerliche zieht.

: Letztendlich richtet er damit mehr Schaden an, bei er geneigten Leserschaft, die bereit ist, die Botschaft von Eco zu glauben, von einem Oberst Alberti aber nicht. Und ich kenne einige, die GLAUBEN diesem Buch. Und das ist das was mich daran stört.

Ahem, sorry, wer ist Obert Alberti?
Und wie meinst Du das, daß die Leute dem Buch glauben? Daß sie denken, daß es solche Geheimnisse und Geheimgesellschaften wirklich gibt? Oder wie sonst? Immerhin ist es ein Roman, was kann man da "glauben", im Gegensatz zu einem Sachbuch?

: Natürlich ist es Eco. Natürlich ist es brilliant, wenn man Stil und Umsetzung bewertet aber es ist auch ungemein geschwätzig. (Göttin sei Dank nicht so geschwätzig wie der Mulisch.) Aber das ist eben nicht das einzige bei Ecos Buch. Wenn es nun dazu kommt, daß ich eine recht heftige Auseinandersetzung habe, um genau diesen Schwurbelkram, der uns hier auch schon erheitert hat, und dann wird mir genau das Buch als ernst zunehmende Umsetzung gepriesen, dann reicht's!

Ernstzunehmende Umsetzung wovon?

: Auch da ist es mir passiert, daß einige meiner Bekannten der Meinung waren, es handle sich um Tatsachen, aber denen konnte man noch locker den Kopf zurechtrücken, und ihnen erklären, warum es sich nicht um Tatsachen, sondern um ein Spiel (mit literarischen Topoi) handelt. Und um einen Schlüsselroman über Literatur sozusagen.

Auch hier: Tatsachen in welcher Bedeutung? Tatsächliche Ereignisse? Das ist doch auch ein Roman.
Ich weiß schon, daß auch Romane getarnte Sachbücher sein können, aber sie kommen zumindest anders rüber.

: Aber dann dieses gräßliche Pendulum. Nun kannst du mit Marx- und Engelszungen auf sie einschwätzen, aber wie heißt es doch so schön über das Sein und das Bewußtsein, nach der einen Facon bestimmt da erster das zweite, aber es geht uch durchaus umgekehrt....?

Verstehe ich das richtig, daß Du mit Leuten geschlagen bist,die das Buch zu sehr hochjubeln und/oder ernstnehmen?

: Eco hat mit dem Pendel einfach versucht einen weiteren Namen der Rose zu schreiben und einen Bestseller nach dem selben Rezept zu kochen. Was lag näher, als im Land wo sich die Mafia in Freimaurerlogen trifft, sich dieses Themas anzunehmen?

Wo siehst Du da die Ähnlichkeit? Das ist nicht provokant gemeint, sondern das interessiert mich wirklich, weil spontan (und eben nach viiielen Jahren, bei der Rose noch mehr) fällt mir dazu nichts ein.

: Und natürlich ist die Semiotik nicht die Literatur. Semiotik ist eigentlich auch eine kleine Geheimwissenschaft, ein Orchideenfach für ein paar Physiker unter den Literatur- und Sprachwissenschaftlern. Und es ist Ecos Gebiet. Die Interpretation der Zeichen ist bei weitem nicht so schön griffig, wie die Topoi der Literatur, die uns im Namen der Rose vorgeführt werden.

Was genau ist Semiotik eigentlich? Symbolik, Bilder? Es klingt für mich nach Wissenschaftstheorie, und da steige ich prinzipiell aus, geistig.

: Und genau das, diese lustigen Beispiele mit der Wäscheliste, oder ist es doch keine - oder mit dem Zeitungskiosk und seiner tieferen Bedeutung, ist genau das Spielfeld der Semiotik.

s.o. Was genau ist die Grundlage?

: Dann liefert Eco also das Pendel ab, und natürlich GLAUBEN ihm die Möchtegern-Geistesgrößen mit ihrer spießbürgerlichen Halbbildung, was da schwarz auf weiß steht. Denn sie sind eben nicht in der Lage, die Zeichen als solche zu erkennen und einzuordnen in Bedeutung und Unbedeutung, sondern nehmen alles als bare Münze an, denn wenn es aus einem ernsthaften und berühmten Munde kommt ist es allemal wahrscheinlicher, als wenn es ein durchgeknallter Oberst Alberti schwurbelt..

Noch mal, wie kann man einem Roman etwas glauben? Und wenn die Leute unhinterfragt etwas glauben, was sie - wo auch immer - gelesen haben, dann sind sie selber schuld, kein Mitleid.

: Und genau in der Diskrepanz zwischen den Verlegern von Garamond, dem Dottore Alegri(?) und dem Direktor von Manunzio und den Oberst Alberti verliert sich Eco schließlich ganz. Er, - so habe ich ab einem bestimmten Punkt vermutet, - weiß selbst nicht mehr, was nun Wirklichkeit und was Wahn ist. Oder wo der Wahn zur Wirklichkeit geworden ist. Nicht daß der Leser es nicht mehr weiß, das wäre noch eine Intention an dem Buch. Nein, der Autor weiß es nicht mehr, und ab da geht es dann bergab. Alles, jeder Handlungsfaden wird dünn und veschwurbelt, alles wird immer wirrer, weil er selbst die Verwirrung nicht mehr auflösen kann und es endet in dem Finale in Paris und der Flucht - aus der Handlung.

Das könnte hinkommen. Endet es nicht damit, daß Pippo (??) irgendwo auf der Flucht ist und irgendwo sitzt?

: Ich ärgere mich eigentlich nur, daß ich mich nun schon zum zweitenmal über dieses Buch ärgere.

Grins. Aber wer zwingt Dich denn dazu? Und eines mußt Du zugeben, es liefert Dir viel Stoff, um zu diskutieren, oder Dich zu ärgern.

Bye,

Grisel - leider immer noch nicht sehr hilfreich


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